smut = “erotic writing that contains explicit sexual content.”
z. dt. = “erotische Literatur, die explizite, sexuelle Inhalte beinhaltet.“
Spätestens wenn man auf Tik Tok unter dem Hashtag #booktok unterwegs ist, stolpert man auch schon mal über den Begriff “smut books” oder “smutty books” – oder ähnliche Abwandlungen wie z. B. “alien smut“, “vampire smut“. Im Grunde ist das nichts anderes, als Bücher mit sehr vielen und expliziten “spicy” bzw. sexy Szenen.
Aktuell gehen diese Bücher durch die Decke.
Doch warum? Warum ist das Erotikliteratur-Genre plötzlich so beliebt?
An mir ist dieser “Trend” irgendwie vorbeigegangen. Natürlich habe ich nichts gegen ein paar sexy Szenen in einem Buch, doch die Faszination für dieses Genre blieb bei mir bisher irgendwie aus. Und ich sage “bisher”, weil ich aktuell dabei bin, mich diesem Genre etwas zu nähern. Ich probiere gerne Neues aus; erweitere meinen Horizont und verlasse gerne meine Komfortzone, widme mich also auch mal Büchern, die eigentlich so gar nicht in mein Beuteschema fallen. Und wenn tagtäglich Buchempfehlungen aus diesem Genre in meinem Newsfeed oder auf meiner “for-you-page” landen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch ich mich einem neuen “Trend” hingebe. Ich bin nämlich jemand, der sich sehr schnell von der Begeisterung anderer anstecken lässt und wenn da tausende Videos sind, die sagen, die Bücher seien gut, habe ich das Bedürfnis, das für mich selbst herauszufinden.
Seitdem frage ich mich allerdings auch, woher diese plötzliche Begeisterung für dieses Genre kommt. Warum es früher eher ein Tabu war und sich vor ein paar Jahren vermutlich noch niemand getraut hätte (öffentlich) zuzugeben, dass man gerne “schmutzige Literatur” liest, sich das Genre heute allerdings an einem immensen Hype erfreut.
Ich habe mir hierfür daher einfach mal einige Rezensionen zu diversen Büchern durchgelesen, sowohl englische, als auch deutsche Rezensionen, und bin zu folgenden Gründen gekommen, wieso dieses Genre bei sehr vielen Leser*innen so beliebt ist:
A woman can(‘t) change a man
Ob wir es nun zugeben wollen oder nicht. Vermutlich war jede Frau in ihrem Leben schon mal an einem Punkt angelangt, an dem sie dachte, diejenige zu sein, die es schafft, den Badboy zu bekehren. Zum Beispiel beim Daten des vierten oder fünften Fuckboys, bei dem man fest der Meinung ist, diesmal diejenige zu sein, in die er sich verliebt; für die er sich nun ein für alle Mal ändern wird. Spoiler: Es funktioniert nicht. Menschen können nur sich selbst ändern.
Doch plötzlich war da Anastasia in Fifty Shades of Grey, die genau das geschafft hat. Sie hat den Womanizer “bekehrt” und ihn in die Knie gezwungen. Und meistens geht es in diesen Büchern um genau das. Badboy trifft auf “Mauerblümchen” und am Ende wird er zum gezähmten Hengst und sie zur Sexgöttin. Womöglich spiegelt genau das Wünsche wieder, die tief in uns vergraben sind, auch wenn wir es niemals zugeben würden.
“Verbotene Sehnsüchte”
Für viele bedeutet es genau das: die Erfüllung von Sehnsüchten und die Flucht aus dem Alltag in weitaus schönere Fantasievorstellungen. Dass die meisten dieser Geschichten tatsächlich auch so im realen Leben passieren , ist wohl eher unwahrscheinlich. Fifty Shades of Grey vielleicht schon, doch wenn ich da an die Ice Planet Barbarians denke oder auch an die Black Bagger Reihe, so ist das doch eher unwahrscheinlich. In diesen Büchern können Leser*innen Fantasien ausleben, wozu sie sich im echten Leben niemals trauen würden – oder auch einfach nicht die Gelegenheit haben. Es befriedigt Sehnsüchte, die in vielen von uns schlummern. Ein wohlhabender, attraktiver und starker Mann, der uns nicht nur jeden Wunsch von den Lippen abliest und ihn erfüllt, sondern uns auch sexuell auf eine Art und Weise befriedigt, wie es zuvor noch kein anderer Mann geschafft hat. Und das alles ohne die Pflichten des Erwachsenseins, die uns ganz oft einen Strich durch die Rechnung machen wenn es um das Erfüllen von unseren Sehnsüchten geht. Sehnsüchte, die wir, wenn schon nicht in der Realität, dann aber zumindest in diesen Büchern, ausleben können.
Insbesondere Frauen “profitieren” davon
Laut Dr. Somi Javaid, Spezialistin für sexuelle Gesundheit und Fachärztin für Geburtshilfe und Gynäkologie, haben erotische Geschichten nachweislich einen tiefgreifenden und positiven Einfluss auf die Sexualität von Frauen. In einer Studie zu einer App zur Verbesserung der sexuellen Gesundheit von Frauen, fanden Forscher heraus, dass über 600 Frauen, die die App regelmäßig nutzten, um erotische Kurzgeschichten zu lesen, von einem erhöhten sexuellen Verlangen/Erregung und einem ausgeprägteren Orgasmus berichteten.
Auch heute wachsen noch unglaublich viele Menschen in einem Umfeld auf, in dem Sexualität ein absolutes Tabuthema ist. Diese Art von Literatur kann daher auch zur eigenen, sexuellen Entwicklung beitragen. Denn es ist okay, die eigenen Fantasien zu erforschen und es ist mehr als okay, entsprechende Literatur dafür zur Hilfe bzw. als Anreiz zu nehmen.
Und die Tatsache, dass noch immer viel zu wenig über die Sexualität von Frauen gesprochen wird und es zwar offenbar gesellschaftstauglich ist, wenn Männer ihre Fantasien ausleben, Frauen aber nicht, macht es es Frauen nach wie vor schwer(er), ihre sexuellen Wünsche zu erkunden und vor allem zu äußern.
Solche Bücher können daher mitunter auch zu einem gesünderen Verhalten gegenüber der eigenen Sexualität und Sex im Allgemeinen führen. Denn Sex sollte kein Tabuthema sein.
“Harmloser” als ein richtiger Porno
Vielen sind Pornos “too much”, “zu grafisch” oder auch “zu plump“. Viele bevorzugen es, die eigene Vorstellungskraft zu benutzen, statt nur zuzuschauen; statt ihre Fantasien wie auf einem Silbertablett serviert zu bekommen, weil auch das irgendwann langweilig oder umaufregend wird. Man kann sich die Szenen in diesen Büchern genau so ausmalen, wie man es gerne möchte, ohne sich nur auf das beschränken zu müssen, was einem im Film gezeigt wird.
Wenn man explizite Sexszenen liest, statt sie sich anzusehen, ist für viele diese imaginäre Grenze zu einem “richtigen” Porno noch nicht überschritten. Menschen fühlen sich oftmals wohler damit, diese Grenze zu wahren.
Unterhaltungsfaktor
Der Unterhaltungsfaktor ist einfach immens groß. Es sind selten Geschichten, auf die man sich wirklich richtig konzentrieren muss. Keine schwere Sprache, keine komplexen Handlungen, kaum Plottwists, sondern einfach nur Sex, Sex und noch mal Sex. Wir können uns einfach davon träumen, ohne uns großartig anstrengen zu müssen. Es macht einfach Spaß. Punkt.
Wie sieht’s mit euch aus? Mögt ihr diese Art von Büchern? Wenn ja, gibt es bestimmte Gründe, warum? Oder könnt ihr mit diesem Hype eher nichts anfangen?