Anzeige.
Inhalt/Klappentext:
Iris ist tot. Und Tamar sitzt in Lime Grove, einer geschlossenen Jugendpsychiatrie, wo sie den ganzen Tag lang sinnlose Fragen beantworten soll. Wie fühlst du dich, auf einer Skala von 1 bis 10? Du weißt schon, dass du dich nicht normal verhältst? Was genau ist eigentlich passiert? Aber Tamar sagt nichts. Sie kann einfach nicht erzählen, was mit Iris geschehen ist. Das Monster lässt es nicht zu.
Vielen Dank an den Carlsen Verlag, der mir das Buch kostenlos als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat im Austausch gegen meine ehrliche Meinung. Auch hier bleibt meine Meinung unverfälscht. Nähere Informationen hierzu findet ihr HIER.
TW: Borderline-Persönlichkeitsstörung, Angstzustände, Depressionen, Selbstmord, Essstörungen, Selbstverletzung
Die Autorin, Ceylan Scott, wurde 1997 geboren und litt während ihrer Teenagerzeit selbst an psychischen Problemen. Genau wie die Protagonistin in Auf einer Skala von 1 bis 10 wurde auch bei der Autorin Borderline diagnostiziert. Bei diesem Roman handelt es sich mithin nicht nur um das Debüt einer sehr jungen Autorin, sondern auch um einen Own-Voice-Roman, dessen Fokus auf dem Thema „Mental Health“ liegt.
Ich muss gestehen, dass ich anfangs ein paar Probleme mit ihrem Schreibstil hatte. Teilweise wirkte ihre Art des Schreibens nicht unbedingt ausgereift, was vermutlich einfach nur daran liegt, dass es sich hierbei um ein Erstlingswerk handelt. Nicht außer Acht zu lassen ist sicherlich auch die Tatsache, dass Ceylan Scott noch unglaublich jung ist und es hinsichtlich ihres Schreibstils noch viel Luft nach oben gibt. Ihr Schreibstil ist nicht schlecht, aber auch nicht überraschend gut. Die Interaktionen zwischen den Charakteren wirkten allerdings leider durch den holprigen Schreibstil teilweise irgendwie unecht.
Tamars innerer Monolog hingegen war für mich nicht nur ein absolutes Highlight, sondern auch meiner Meinung nach der Höhepunkt des gesamten Buches. Tamars Gedankengänge, ihre Gefühle und Emotionen machen diese Geschichte unglaublich intensiv. An vielen Stellen überzog sich mein gesamter Körper mit Gänsehaut, so sehr berührte mich Tamras Geschichte und in Verbindung mit dem Wissen, dass die Autorin hier selbst aus eigener Erfahrung schreibt, hat es das Leseerlebnis noch einmal intensiviert.
Es passiert nicht viel in dem Buch, eigentlich wird die Geschichte beherrscht von Tamras Gedanken, ihren Gefühlen und ihren Erlebnissen und genau das ist es, was mir unglaublich gut gefallen hat. Man lernt unfassbar viel dazu, lernt nicht nur zu verstehen, sondern erhält auch als Nichtbetroffener einen Einblick in den Kopf eines Menschen, der mit einer solchen Erkrankung zu kämpfen hat. Für Nichtbetroffene sind diese Erkrankungen meist schwer bis gar nicht zu verstehen, viele halten sie für Einbildung oder sind der Meinung, Betroffene würden bloß übertreiben um Aufmerksamkeit zu erhalten (auch dieser Aspekt wird im Buch kurz angesprochen, was ich wirklich toll fand), was vermutlich einfach daran liegt, dass die meisten noch nie mit solchen Erkrankungen oder Menschen, die eben unter solchen Erkrankungen leiden, in Berührung gekommen sind. Vielen fehlt auch ganz einfach die Empathie, sich in Menschen mit solchen psychischen Erkrankungen hineinzuversetzen. Tamras Geschichte jedoch macht genau dies möglich. Ich selbst kenne mich mit der Borderline Krankheit nicht aus, kann daher nichts dazu sagen, ob der Verlauf, die Symptome etc. pp. authentisch im Buch rüber gebracht wurden, da aber die Autorin selbst unter dieser Krankheit leidet, gehe ich davon aus, dass Tamras Gedanken im Buch sehr nahe dran sind an der Realität, auch wenn man natürlich – wie immer und überall – dies nicht verallgemeinern kann. Ich bin sicher es gibt Betroffene, die andere Erfahrungen gemacht haben, wie Tamra. Mich persönlich hat diese Geschichte wirklich sehr zum Nachdenken angeregt und hat mir geholfen, ein wenig besser zu verstehen, wieso Menschen so denken, wieso Menschen eben solche Dinge tun etc. pp.
Was den weiteren Verlauf der Geschichte jedoch angeht, hatte ich dann doch die ein oder andere Schwierigkeit.
Wie oben bereits erwähnt, bin ich mit dieser Erkrankung noch nie in Berührung gekommen, weiß demnach auch nicht viel über deren Behandlung, allerdings erschien es mir fraglich, ob es wirklich sein kann, dass ein Mädchen, dass gerade wegen eines Selbstmordversuchs und ständigem selbstverletzendem Verhalten in eine psychiatrische Klinik eingeliefert wird, schon so kurz drauf die Erlaubnis bekommt, ein paar Tage zu Hause zu verbringen, um dort unbeaufsichtigt an einer Party teilzunehmen, auf der Unmengen an Alkohol konsumiert wird.
Ebenfalls hat mich gestört, dass es offenbar unglaublich einfach war für die Patienten dieser Einrichtung, ständig abzuhauen. Ich weiß nicht, wie diese stationären Einrichtungen ausgestattet sind, allerdings könnte ich mir vorstellen, dass Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, dass Patienten eben gerade nicht abhauen und im Buch gelingt es gleich zwei Mal, dass Patienten entkommen. Irgendwie wirkte all dies nicht mehr ganz so authentisch auf mich und ich frage mich, ob dies eben in die Geschichte mit eingebaut wurde, um ihr ein wenig Spannung, Action, Drama etc. pp. zu verleihen, um die Geschichte mithin ein wenig aufzupeppen, wo sie doch hauptsächlich beherrscht wird von den Gedanken und Gefühlen der Protagonistin, oder ob es eben doch tatsächlich der Realität entspricht.
Was Tamar als unsere Protagonistin betrifft kann ich sagen, dass ich sie wirklich unglaublich gerne mochte, ich es aber dennoch als ein wenig schade empfand, dass wir sie nicht mehr, auch außerhalb ihrer psychischen Erkrankung, kennengelernt haben. Dies hätte sicherlich dazu beigetragen, sie als Mensch besser zu verstehen. Natürlich bin ich mir im Klaren darüber, dass in diesem Buch Mental Health im Vordergrund steht und der Fokus eben auf Tamras Erkrankung und auf ihrem Weg zur Besserung liegt, doch schade fand ich es trotzdem, da ein Mensch ja viel mehr ist als bloß diese Erkrankung.
Dennoch empfinde ich das Buch als eine wahrheitsgetreue, sehr intensive Erzählung darüber, wie es ist, mit Angstzuständigen, Depressionen und Selbstmordgedanken zu leben.
Allerdings würde ich Lesern, die selbst mit Selbstmord und Selbstverletzung kämpfen, von diesem Buch abraten, da viele Geschehnisse und Ereignisse unglaublich anschaulich beschrieben werden und ich mir vorstellen könnte, dass dies einen Betroffene sehr aus der Bahn werfen könnte.
Alles in allem hat mir das Buch wirklich gut gefallen. Ich finde es toll, dass gerade in Jugendbüchern immer häufiger die Thematik Mental Health aufgegriffen wird und auch Own Voice Autoren eine Stimme gegeben wird, um von ihren eigenen Erfahrungen und Gefühlen zu schreiben, um die Menschen so ein wenig mehr für diese Themen zu sensibilisieren. Mir persönlich hätte es allerdings noch ein wenig besser gefallen, wäre die Geschichte etwas mehr in die Tiefe gegangen.
LOHNT SICH DAS BUCH?
Bei dieser Geschichte handelt es sich um eine wirklich gelungene Darstellung von einem Leben mit einer psychischen Erkrankung. Die Autorin schafft es mit diesem Werk zum Nachdenken anzuregen und ich hoffe sehr, dass viele dieses Buch lesen und hoffentlich ein wenig besser verstehen werden, wie es in einem Menschen aussieht bzw. aussehen kann, der unter einer solchen Erkrankung leidet und dass es eben gerade nicht mit einem „Reiß dich zusammen“ abgetan ist, sondern dass solche Menschen wirklich Hilfe brauchen und dass dies vollkommen in Ordnung ist und nicht von Schwäche oder Ähnlichem zeugt.
Auch wenn mich das Buch also nicht zu 100 % überzeugen konnte, kann ich dieses Buch wirklich nur absolut jedem empfehlen und ans Herz legen. Es ist intensiv, emotional und schonungslos echt.
INFOS ZUM BUCH
Autor: Ceylan Scott
Titel: Auf einer Skala von 1 bis 10
Verlag: Carlsen Chicken House
Seiten: 256
Erscheinungsdatum: 31. Mai 2019
Preis: 15,00 [DE] | 15,50 [A]
Buch bem Verlag: KLICK
WEITERE REZENSENTEN
Bookends by Kerstin | Books have a soul
Solltest du auch eine Rezension zu diesem Titel geschrieben haben, verlinke sie mir gerne in den Kommentaren.

Der Beitrag wurde durch die Bereitstellung des kostenlosen Rezensionsexemplares gesponsert. Fotos: IvyBooknerd / / Die Rechte an den Covern unterliegen dem jeweiligen Verlag & Designer.
Liebe Ivy,
vielen herzlichen Dank für deine sehr ausführliche Rezension zum Titel. Ich habe das Buch heute morgen ausgelesen und ich habe so meine Probleme mit der Geschichte.
Ich kann dir absolut zustimmen. Man kann sich gut in die Protagonisitn hineinversetzen, da die Schilderungen sehr authentisch und erschütternd sind.
Nichtsdestotrotz hatte ich so meine Probleme, mit der Geschichte “warm” zu werden, da ich einfach diese Handlungen nicht nachvollziehen konnte, da es solch ein Erlebnis in meinem Leben nicht gegeben habe und ich deshalb echt Probleme hatte, mich damit zu identifizieren.
ich finde es gut, dass über das Thema gesprochen wurde und es wurde in meinen Augen auch gut getroffen aber nichtdestotrotz war es aufgrund meiner Lebensumstände nicht relevant. Es hat mich sensibilisiert, aber gleichzeitig auch etwas irritiert zurück gelassen 🙁
Umso schöner, dass du dafür so tolle Worte gefunden hast!
Liebe Grüße
Philip
Hallo Philip,
ich denke bei so einem Buch geht es auch nicht unbedingt darum, sich mit der Protagonistin zu identifizieren, sondern vielmehr, sie zu verstehen oder zumindest zu versuchen, sie zu verstehen, insbesondere dann, wenn man noch nie zuvor mit einer solchen Erkrankung in Berührung gekommen ist. Wenn man diese Erkrankung nicht hat, fällt es immer schwer, sich mit der Person zu identifizieren.
Identifizieren konnte ich mich auch nicht mit der Protagonistin, aber aufgrund der lebendigen und sehr bildhaften Beschreibungen sehr gut hineinversetzen. Mir hat es wirklich sehr geholfen, diese Menschen ein wenig besser zu verstehen.
Ich denke es ist daher nicht schlimm, dass du nicht vollends mit der Geschichte warm geworden bist. Umso schöner natürlich ist es zu hören, dass es das Buch geschafft hat, dich ein wenig zu sensibilisiere 🙂 Ich denke, das ist das Wichtigste 🙂 Denn nur so lernt man.
Liebste Grüße
Ivy