Erinnerungsstück, Rezensionen
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Rezension: Berühre mich. Nicht. – Laura Kneidl

Sie dachte, dass sie niemals lieben könnte. Doch dann traf sie ihn … Als Sage in Nevada ankommt, besitzt sie nichts – kein Geld, keine Wohnung, keine Freunde. Nichts außer dem eisernen Willen, neu zu beginnen und das, was zu Hause geschehen ist, zu vergessen. Das ist allerdings schwer, wenn einen die Erinnerungen auf jedem Schritt begleiten und die Angst immer wieder über einen hereinbricht. So auch, als Sage ihren Job in einer Bibliothek antritt und dort auf Luca trifft. Mit seinen stechend grauen Augen und seinen Tätowierungen steht er für alles, wovor Sage sich fürchtet. Doch Luca ist nicht der, der er auf den ersten Blick zu sein scheint und als es Sage gelingt, hinter seine Fassade zu blicken, lässt dies ihr Herz gefährlich schneller schlagen …

[Quelle: www.goodreads.com]

Wer mir schon etwas länger folgt weiß, dass ich für gewöhnlich einen großen Bogen um das New Adult Genre mache. Die Bücher sind mir meist zu klischeebehaftet, zu sexistisch, zu antifeministisch – und ich habe vielen New Adult Autoren eine Chance gegeben, bevor ich ihnen den Rücken kehrte. Colleen Hoover, Mona Kasten, Jennifer L. Armentrout, E. L. James, um nur ein paar zu nennen. Alle Bücher hinterließen bei mir einen bitteren Nachgeschmack. Weil mir meine Nerven einfach zu schade waren, habe ich das New Adult Genre kurzerhand aufgegeben. Vielleicht habe ich auch einfach immer die falschen Bücher gelesen; vielleicht muss man einfach lange genug suchen, bis man ein wirkliches Goldstück findet. Jetzt habe ich mich neuerlich an ein New Adult Buch gewagt und ja, ich glaube, diesmal habe ich tatsächlich so ein Goldstück gefunden.

Zuerst möchte ich mich ganz herzlich bei der fantastischen Laura Kneidl bedanken, die mir eine signierte Ausgabe ihres Buches hat zukommen lassen. Das hier war tatsächlich mein erstes Buch von ihr. Schon vorher durfte ich sie auf Twitter als eine unglaublich freundliche, ihren Job mit größter Leidenschaft liebende und als ein ebenso großes How To Get Away With Murder Fangirl kennenlernen, wie ich es bin. Jetzt weiß ich nicht nur, dass sie ein toller Mensch ist, sondern auch eine hervorragende Autorin, die mit diesem Buch einen New Adult Roman geschaffen hat, der mich tatsächlich überzeugen konnte. Die Hoffnung daran hatte ich längst aufgegeben, daher auch deswegen ein großes Dankeschön an dich liebe Laura, dass du mich überzeugt hast, dass auch New Adult Bücher gut sein können.

Ich bin für gewöhnlich sehr vorsichtig, was dieses Genre angeht. Ich lese diese Bücher sehr bedacht, auch zwischen den Zeilen, manchmal vielleicht zu sehr zwischen den Zeilen, weshalb die meisten New Adult Bücher auf meiner imaginären Müllhalde landen. Nicht so aber Berühre mich. Nicht. von Laura Kneidl.

Das Buch behandelt eine ernste Thematik, die mir so zuvor noch nicht untergekommen ist. Auslöser für die Angststörung, mit der unsere Hauptprotagonistin Sage zu kämpfen hat ist ein Trauma, das seit vielen Jahren wie eine schwere Last auf ihren Schultern liegt. Anstatt sich der Angst jedoch zu stellen und dadurch einen Schlussstrich zu ziehen, flieht Sage. Sie nimmt Reißaus und landet schließlich in Nevada, 3.000 Meilen von ihrem zu Hause entfernt, wo sie April und Luca kennen lernt, zwei Menschen, die ihr auf ihre ganz eigene Art und Weise unbewusst helfen, mit ihren Ängsten ein bisschen besser umzugehen.

Doch wie es mit Ängsten nun einmal so ist, lassen sie sich nicht innerhalb weniger Tage oder Wochen bekämpfen und gar besiegen. Die Seele braucht Zeit zum Heilen und so sehr Sage sich dies auch wünscht, werden ihr immer wieder neue Steine, manchmal klitzekleine, manchmal jedoch riesige Felsbrocken, in den Weg gelegt, die ihr immer wieder das Gefühl geben, zu scheitern.

NEW ADULT MAL GANZ ANDERS

Sage ist eine Persönlichkeit, die ich nicht wirklich einschätzen konnte. Es brauchte eine Weile, bis ich sie verstehen und ihre Entscheidungen nachvollziehen konnte. Wenn man sich selbst nicht in einer solchen Situation befindet, braucht es manchmal, sich richtig auf die Person einzulassen, doch Laura Kneidl hat es geschafft, aus Sage eine solch interessante, liebenswerte und realistische Figur zu machen, dass sie mir während des Lesens immer mehr ans Herz wuchs und ich mit jedem Satz, mit jedem einzelnen Wort mit Herzklopfen entgegenfieberte, was als nächstes passieren würde. Sage und ihr Schicksal haben mich so berührt, dass sich während des Lesens ein riesen Knoten in meiner Brust bildete; als würde sich eine Schlange um meinen Brustkorb legen, die immer fester zudrückte mit jedem Rückschlag, den Sage wieder erleiden musste. Ich habe so sehr mit ihr mitgefühlt und war begeistert von der Art und Weise wie die Autorin sie ihren Weg hat gehen lassen.

Auch April habe ich gleich zu Anfang in mein Herz geschlossen. Sie ist einfach die Art Mensch, in die man sich direkt verliebt und zwar nicht wegen ihres Aussehens, sondern wegen ihres großen Herzens. Ebenso ging es mir mit Luca. Natürlich sieht er gut aus, natürlich hat er Muskeln, doch nicht wie in 99% aller New Adult Bücher, war es das Aussehen und die Muskeln, die Luca als Charakter definierten. Luca ist ein Typ Mensch, mit dem ich mich mehr identifizieren konnte, als mit Sage. Luca ist mein Spirit Animal und ich kann euch gar nicht sagen, wie absolut dankbar ich Laura Kneidl dafür bin, dass sie aus ihm nicht diesen typischen Bad Boy gemacht hat, sondern einfach einen jungen Mann, der Bibliothekswesen studiert und Bücher mehr liebt, als irgendwelche Parties. Hier und da hat sie zwar das ein oder andere Klischee aufgegriffen, sowohl was die sich immer weiter entwickelnde Beziehung zwischen den beiden angeht, als auch Luca selbst, doch reiht sich hier nicht Klischee an Klischee und die Umsetzung ist einfach so anders, als in den meisten Büchern, sodass mich hier nicht nur die Story an sich, sondern auch die wunderbaren Charaktere überzeugen konnten.

Ein weiterer Pluspunkt ist die Tatsache, dass die Frauen in diesem Buch sich füreinander einsetzen, sei es nun die beste Freundin oder eine vergangene Liebschaft des Bruders. Die Frauen in diesem Buch stehen füreinander ein, egal wie gut sie sich kennen; egal ob sie befreundet sind oder nicht. April weist ihren Bruder Luca auch einmal richtig in die Schranken, was sein Verhalten gegenüber Frauen betrifft und ich glaube ich habe sie nie so sehr gefeiert, wie in diesem Augenblick. Sie gibt Widerworte und ist nicht mal sauer oder eifersüchtig, als plötzlich eine alte Freundin von Sage auftaucht. Sie hat keine Angst, dass sie ihr die neugewonnene Freundschaft zu Sage streitig macht. Sie akzeptieren sich gegenseitig. ich muss gestehen, ich habe die ganze Zeit auf einen Eifersuchtsanfall gewartet; auf einen Streit, weil Sage die eine Freundin lieber mag als die andere, doch dieser Anfall blieb aus und ich kann euch gar nicht sagen, wie froh ich darüber bin, wo ehrliche Freundschaften zwischen Frauen in Büchern doch irgendwie immer seltener werden.

Eine unterschwellige Message der Geschichte, die ich ebenso wichtig finde, wie die ernste Thematik, die das Buch behandelt, ist die Tatsache, dass man nicht gleich jeden einfach so in eine Schublade stecken sollte nur aufgrund des ersten Eindrucks den man von der Person hat. Manchmal täuscht das Aussehen. Nur weil jemand groß und tätowiert ist, macht ihn das nicht gleich zu einem gefährlichen Straftäter und nur weil eine Frau sportlich, schlank und gutaussehend ist, sich sexy kleidet, bedeutet, das noch lange nicht, dass sie mit jedem Kerl ins Bett hüpft. Und aus diesem Grund sollte man auch immer zwischen den Zeilen lesen; die Worte nicht bloß überfliegen und sich daran erfreuen, wie “heiß” der Kerl in dem Buch doch ist. Bücher wie diese haben meist so viel mehr zu sagen und ich finde es sehr schade, dass eben solche Dinge viel zu häufig verloren gehen.

Ein weiterer Pluspunkt ist die nicht vorhandene Insta-Love. Die einen mögen es als langatmig bezeichnen, ich empfinde es als genau das richtige Tempo, wie sich die Beziehung zwischen Sage und Luca entwickelt. Sie hatten Zeit und Gelegenheit, sich kennenzulernen, erst Freunde zu werden, um erst später tiefere Gefühle füreinander zu entwickeln, nachdem der für eine gut funktionierende Beziehung, egal ob auf romantischer oder freundschaftlicher Basis, Respekt schon vorhanden war.

ROMANTISCH. EHRLICH. INTENSIV. WICHTIG.

Sage hat noch einen langen Weg vor sich und ich bin so glücklich darüber, dass die Autorin nicht, nur um dem Leser das gewünschte Happy End zu bescheren, alles hat hoppla hopp enden lassen und der Geschichte womöglich die Ernsthaftigkeit und Wichtigkeit genommen hätte.

Trotz allem hat mir das Ende ein bisschen den Rest gegeben und ich würde lügen wenn ich behaupten würde, Sage hätte mich gerade zum Ende hin nicht ein bisschen genervt damit, dass sie es einfach nicht über sich brachte, sich Luca anzuvertrauen und somit einfach immer mehr unnötiges Drama verursacht hat. Dennoch befinde ich mich nicht in einer Situation wie Sage und werde daher niemals in der Lage sein, ihre wahren Beweggründe zu verstehen oder gar nachzuvollziehen. Allerdings möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich tatsächlich das ein oder andere Mal mit den Augen gerollt habe.

Mein Herz weint – ziemlich laut sogar und ich weiß nicht, wie ich die Monate des Wartens aushalten soll, bis endlich der zweiten Teil erscheint. Vorbestellt habe ich ihn keine fünf Minuten nachdem ich dieses Buch hier beendet hatte und das soll schon was heißen für Jemanden wie mich, der New Adult für gewöhnlich eigentlich so gar nichts abgewinnen kann.

Man hat mir gesagt, Berühre mich. Nicht. sei kein typisches New Adult Buch; es sei anders, besser, emotionaler, intensiver, wichtiger. Und es stimmt. Niemals hätte ich geglaubt, dass es tatsächlich ein Buch aus diesem Genre gibt, das mich nicht nur fesseln, sondern auch emotional berühren würde und das positiv und nicht, weil ich vor Wut schreien und es am liebsten in tausend Stücke reißen möchte. Berühre mich. Nicht. ist ein Buch, das mich nicht nur positiv überrascht, sondern mich auch beeindruckt hat. Ich bin begeistert und kann insbesondere denjenigen, die sonst die Finger von diesem Genre lassen, dieses Buch wirklich nur ans Herz legen.

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2 Kommentare

  1. Hallo ivy, ich kann deine Gründe ~gegen~ New Adult gut nachvollziehen, dennoch bin ich der Meinung das diese Klischees häufig auch sehr gut und passend eingesetzt werden. Aber so hat jeder seinen eigenen Geschmack. Dieses Buch hat mich sehr viel zum denken gebracht, was meiner Meinung nach auch sehr wichtig ist deshalb zähle ich es auch zu einer meiner Lieblingsbücher. Wenn du Lust hast kannst du gerne mal auf meinem Blog vorbeischauen den ich seit ein paar Tagen mit meinen Freundinnen betreibe. Lg Lena (https://leserunde.home.blog/)

    • Liebe Lena, da hast du Recht, Klischees können auch sehr gut und passend sein, allerdings mag ich es lieber, wenn man eben was eigenes daraus macht; wenn man nicht nur irgendwelche Steretypen nimmt, die in jedem YA/NA Buch zu finden sind. Man sollte immer was eigenes draus machen, um sich von der Masse abzuheben 🙂 Das hat Laura mit diesem Buch ganz gut geschafft finde ich. Es freut mich daher sehr, dass du das Buch auch so mochtest 🙂

      Liebste Grüße
      Ivy

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