Erst vor einigen Monaten bin ich durch diverse Tik Tok Videos auf Jana Crämer aufmerksam geworden und war unglaublich beeindruckt, von dieser Frau, die so viele Tabuthemen öffentlich bespricht und durch ihre Reichweite versucht, Menschen, die viel zu lange nicht gehört wurden, eine Stimme zu geben. Mitunter natürlich auch sich selbst.
Jana Crämer ist eine smarte, sympathische, humorvolle und dazu auch noch beruflich sehr erfolgreiche Frau. Allerdings gibt es da eine Sache, die sie von den meisten Frauen in ihrem Alter unterscheidet: Jana hat noch nie in ihrem Leben einen Mann geküsst.
Wir leben in einer Welt, in der wir uns sehr oft fehl am Platz fühlen; in einer Gesellschaft, die teilweise unmenschliche Erwartungen an uns stellt; die uns gnadenlos bewertet und uns stets das Gefühl gibt, nicht schön, nicht schlank, nicht sportlich, nicht reich, nicht glücklich, vor allen Dingen aber nicht genug zu sein.
Auch Jana hat sehr viele Jahre unter einem von der Gesellschaft vorgegebenen Bodyimage und all den Erwartungen gelitten, was sie selbst zu ihrer größten Feindin machte. Und trotz allem hat sie den Weg aus dieser Spirale herausgefunden. Und genau darum geht es in ihrem Buch.
In „Jana, 39, ungeküsst“ nimmt uns die Autorin mit auf eine sehr private Reise in ihre Gefühls- und Gedankenwelt. Wir begleiten sie auf ihrem Weg von dem isolierten Mobbing-Opfer, das sowohl unter Essstörungen, Bodyshaming als auch unter Selbsthass leidet, zu der heute von Millionen Menschen bewunderten, jungen Frau, die nicht nur in den sozialen Netzwerken, sondern auch auf ihren Veranstaltungen und mit ihren Büchern Menschen im deutschsprachigen Raum endlos begeistert und motiviert.
Du bist nicht auf der Welt, um die Erwartungen anderer zu erfüllen.
Jana, 39, ungeküsst – Jana Crämer
Ich liebe einfach alles an diesem Buch. Selten habe ich mich von einem Menschen so bedingungslos verstanden gefühlt, wie von Jana Crämer. Und dass, obwohl ich noch nie auch nur ein einziges Wort mit ihr gewechselt habe. Sie bewertet und wertet nicht. Sie ist eine Person, die zuhört, nicht verurteilt und die Menschen so nimmt, wie sie sind. Und das hat mich auf so vielen Ebenen unglaublich beeindruckt.
Dieses Buch zeigt auf so viele unterschiedliche Arten und Weisen, wie unglaublich mächtig Worte sein können und wieso „das war doch nur ein Witz“, eben keine Entschuldigung dafür ist, wenn man die Grenzen einer anderen Person überschritten hat.
Leider müssen wir als Gesellschaft noch immer lernen, respektvoller miteinander umzugehen, vor allem aber auch, das eigene Handeln (mithin Taten und Worte) zu reflektieren. Insbesondere müssen wir uns endlich darüber bewusst werden, dass wir keinerlei Recht haben, das Äußere oder auch die Lebensweisen anderer Menschen zu kommentieren, geschweige denn zu bewerten. Worte können nicht nur verletzen, sondern Leben regelrecht zerstören, weil man eben nie weiß, womit eine Person vielleicht zu kämpfen hat. Wir können nicht wissen, wie sich die als vermeintlichen Witz ausgesprochenen Worte auf eine andere Person auswirken. Was wir aber wissen sollten, und zwar alle, ist, dass Menschen nicht dazu da sind, sich auf deren Kosten zu amüsieren und uns selbst dadurch eine Stufe höher zu stellen. Ein solches Verhalten sagt mehr über uns aus, als über die Person, die wir gerade zu einem Opfer gemacht haben.
Und auch „War doch schon immer so, wieso soll ich jetzt damit aufhören“ ist eine solch privilegierte Einstellung und Aussage, dass es schon beinahe beschämend ist. Jeder der auch nur über ein bisschen Empathie und gesunden Menschenverstand besitzt, sollte in der Lage sein, das eigene Verhalten zu analysieren, zu überdenken und auch zu verändern. Denn nur wer dazu in der Lage ist, wird auch dazu in der Lage sein, sich selbst weiterzuentwickeln und an sich selbst zu wachsen.
Wir müssen gute Vorbilder sein. Denn nur wenn wir es richtig machen, werden es auch die Generationen nach uns richtig machen, weil wir uns immer an dem orientieren, was wir – insbesondere in unserer Kindheit – vorgelebt bekommen.
Ich persönlich nehme mir zwar immer vor, mich nicht zu sehr von den Erwartungen anderer, seien es nun die von Freund*innen, Kolleg*innen, Familienmitgliedern oder eben unserer Gesellschaft unter Druck setzen zu lassen, doch wenn ich ehrlich bin, gelingt mir das nur sehr selten. Insbesondere dann, wenn man ein bestimmtes Lebensalter erreicht hat, scheinen die Erwartungen an einen immer größer zu werden, weil die Gesellschaft scheinbar nach wie vor nur diesen einen bestimmten Weg als richtig ansieht und wer diesen Weg nicht geht, fällt aus dem Raster und wird gleich als „unnormal“ abgestempelt.
Jana Crämer räumt auch damit in ihrem Buch auf und erinnert ihre Leser*innen daran, dass niemand von uns in diese Welt geboren wurde, nur um die Erwartungen anderer zu erfüllen. Es ist völlig in Ordnung, gegen den Strom zu schwimmen und wenn ich ehrlich bin, gefällt mir das sogar sehr viel besser. Jeder Mensch hat eigene Träume und Wünsche, aber auch Ängste und Zweifel. Jeder Mensch hat eine andere Definition von Glück und es ist wahnsinnig traurig, dass die Gesellschaft scheinbar immer noch nur ein ganz bestimmtes Lebensmodell als gesellschaftstauglich anerkennt und alles andere, was aus dem Raster fällt, kritisch und negativ beäugt wird.

So hat mir zum Beispiel ganz besonders das Kapitel gefallen, in dem Jana von einigen privaten Instagram-Nachrichten berichtet, in denen die verschiedensten Lebensmodelle beleuchtet werden, sei es nun die Entscheidung gegen Kinder, weil man nicht bereit ist, seine Freiheiten aufzugeben oder eben die Entscheidung für ein Leben nur als Hausfrau und Mutter, weil es genau das ist, was einen erfüllt. Ganz besonders hier hat mich Liselotte’s Geschichte berührt.
Eins haben all diese Nachrichten allerdings gemeinsam: Dein Leben, dein Weg, deine Entscheidung.
Doch egal wie man es auch macht, am Ende wird es immer jemanden geben, dem unsere Entscheidungen nicht passen werden. Und genau davon müssen wir versuchen, uns zu lösen. Weil jede*r für sich selbst verantwortlich ist und jede*r selbst über das Leben entscheidet, das er/sie führen möchte.
Ganz besonders gut haben mir auch die Begegnungen zwischen der Jana von Heute und den jüngeren Janas von Damals gefallen. Die Aufarbeitung durch die Konfrontation und das Auseinandersetzen mit einschneidenden Erlebnissen aus der Vergangenheit, egal ob negativer, oder positiver Natur, zeigen, wie Jana zu der Person werden konnte, die sie heute ist. Es zeigt nur zu deutlich, wie wichtig es ist, Vergangenes zu akzeptieren, statt es zu verdrängen, um es richtig verarbeiten und schlussendlich heilen zu können.
Dieses Buch hat mich unglaublich berührt. Ich habe so viel geweint, habe vor Wut geflucht und mich immer wieder gefragt, wieso Menschen so sind, wie sie sind. Und obwohl es mich mehr als einmal an der Menschheit hat zweifeln lassen, hat mir dieses Buch auch wahnsinnig viel Hoffnung gegeben.

Dieses Buch ist eine wahre Mut machende Geschichte und ich kann nur hoffen, dass es ganz viele Menschen lesen und Janas Geschichte einmal zum Anlass nehmen werden, eigenes Verhalten zu hinterfragen und vielleicht doch ein wenig offener für die Menschen und die Welt dort draußen zu werden.
Für mich ein ganz klares Highlight. Ich bin überglücklich, nur durch Zufall auf Jana und somit auch ihre Geschichte und ihren Lebensweg gestoßen zu sein. Es sind Menschen wie sie, die die Welt ein Stückchen besser machen. Und dafür bin ich ihr wahnsinnig dankbar.